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Frydan Camilla

Vorname
Camilla
Nachname
Frydan
auch bekannt unter
Kamilla Frydan, Lilly Frydan, Camilla Friedmann, Camilla Herzl (geb.), Camilla Herzer (Pseudonym)
erfasst als
Komponist:in
Interpret:in
Dirigent:in
Textdichter:in
Verleger:in
Genre
Neue Musik
Volksmusik/Volkstümliche Musik
Subgenre
Schlager
Blues
Tanzmusik
Chanson
Instrument(e)
Klavier
Stimme
Frauenstimme
Geburtsjahr
1887
Geburtsort
Wiener Neustadt
Geburtsland
Österreich
Todesjahr
1949
Sterbeort
New York

Camilla Frydan wurde am 3. Juni 1887 in Wiener Neustadt geboren. Ihre Eltern waren Heinrich und Cäcilie Herzl, geborene Königsberger. Sie hatte zwei ältere Geschwister: Clothilde und Ludwig. 

"Mit 5 Jahren gab sie bereits bei einem Klavierkonzert ihr Debüt. 1907 als Soubrette am Raimund-Theater engagiert, trat sie unter dem Pseudonym "Herzer" auf. In der Spielsaison 1908/09 wechselte sie zur "Neuen Wiener Bühne". 1909/10 Diseuse am Kabarett "Fledermaus". Dort stieß sie auf Egon Friedell, Peter Altenberg, Alfred Polgar und Oskar Friedmann. Zu dieser Zeit entstanden ihre ersten Kompositionen. Nach ihrer Hochzeit legte sie sich das Pseudonym "Frydan" zu. 1916 vertonte sie einen von Friedell verfassten Text zu einem melodramatischen Stück. 1919 gelang ihr der Durchbruch als Operettenkomponistin. 1926 kehrte sie zur "Neuen Wiener Bühne" zurück. Nach dem frühen Tod ihres Mannes vollendete sie den von ihm begonnenen "Prominenten-Almanach", der 1930 erschien. 1928 versuchte sie sich in Berlin eine neue Existenz aufzubauen. Sie leitete dort den von ihr gegründeten Frydan-Verlag. Sie schrieb zahlreiche Revuen, die in diversen Kleinkunstbühnen aufgeführt wurden. 1936/37 verlegte sie ihren Tätigkeitsschwerpunkt wieder nach Wien. Am 20.3.1938 musste sie auf antisemitischen Druck ihre Wohnung verlassen und emigrierte mit ihrem Sohn in die Schweiz. Ende November erreichten sie New York. Sie komponierte weiterhin Operetten, Bühnenmusik, Lieder und Instrumentalmusik und publizierte ihre Werke in dem von ihr und ihrem Sohn gegründeten Verlag "Empress Music Publishing". Unter ihrem Gesamtwerk, das aus ca. 500 Einzelnummern besteht, befinden sich Slowfox, Doublefox, Foxtrott und Shimmy."
biografiA: Frydan Camilla (Lilly), abgerufen am 13.11.2024 [http://biografia.sabiado.at/frydan-camilla-lilly/]

Im Jahr 1936/37 kehrte sie von Berlin nach Wien zurück, von wo sie 1938 zunächst in die Schweiz und 1939 nach New York emigrierte. Camilla Frydan verstarb 1949 in New York.

Stilbeschreibung

"Der Großteil ihres etwa 500 Einzelnummern umfassenden Werks besteht aus Slowfox, Doublefox, Foxtrott und Shimmy sowie aus Blues, was Frydan in erster Linie als Rhythmikerin ausweist, die ihre Anregungen vorzugsweise aus geglätteten Jazzimporten und zeitgenössischen Tänzen schöpfte, deren melodischer Erfindungskraft es jedoch offensichtlicht immer wieder gelang, dem Gängig-Aktuellen überraschende Wendungen zu entlocken. Unverkennbar ist Camilla F.s Versuch einer Annäherung der Operette an die Revue, die dann in besagten Tanznummers ihren Höhepunkt findet (z. B. Liebesmagazin)."
Eva Marx (2001): Frydan Camilla (Lilly) (geb. Herzl, verh. Friedmann, Pseud. Herzer, später Frydan. In: Marx, Eva / Haas, Gerlinde (Hg.): 210 österreichische Komponistinnen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Wien/Salzburg: Residenz Verlag, S. 159.

Ausbildung

1901 Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde, Wien: Vorbereitungsklasse Klavier (Wilhelm Rauch) - Austritt
1902–190? Wien: Privatunterricht Klavier (John Charles Mynatt), Harmonie-/Kompositionslehre (Ludwig Herzl), Gesang (Marianne Brandt)

Tätigkeiten

1892 Ehrbar-Saal, Wien: Debüt als Konzertpianistin
1907–1908 Raimundtheater, Wien: 1. Engagement als Soubrette (Camilla Herzer)
1907–1911 Bekanntheit unter dem Künstlernamen "Camilla Herzer" 
1908–1909 Neue Wiener Bühne: Sängerin
1909–1910 Kabarett "Fledermaus", Wien: Diseuse; Bekanntschaft mit Egon Friedell, Peter Altenberg, Alfred Polgar, Oskar Friedmann
1910–1929 Wien: Ehe mit dem Journalisten/Schriftsteller Oskar Friedmann, mehrere gemeinsame Bühnenproduktionen
1911 Wien: erste Kompositionsversuche mit Chansons, Textdichtungen; Übernahme des Künstlernamens "Camilla Frydan" 
1919 Wien: Durchbruch als Operettenkomponistin
1925–1930 Orpheus-Verlag, Wien: Drucklegung einiger ihrer Werke (bspw. Die große Trommel)
1926–1928 Neue Wiener Bühne: Sängerin
1927–1928 Bierkabarett Simplicissimus, Wien: Sängerin
1928 Tournee in Deutschland
1929–1937 Berlin (Deutschland): Tätigkeitsschwerpunkt, u. a. Komponistin für Kleinkunstbühnen
1930–1937 Frydan-Verlag, Wien/Berlin (Deutschland): Gründerin, Geschäftsführerin, Verlegerin
1930 Wien: Fertigstellung/Veröffentlichung des "Prominenten-Almanachs" ihres verstorbenen Gatten
1937–1938 Wien: neuer Lebensmittelpunkt nach der Emigration aus Deutschland aufgrund der dortigen Verfolgung von Jüd:innen
1938–1939 Zürich/St. Gallen (Schweiz): neuer Lebensmittelpunkt nach der Emigration aus Österreich aufgrund der dortigen Verfolgung von Jüd:innen
1939–1949 New York (USA): Komponistin
1945–1949 Empress Music Publishing, New York (USA): Gründerin, Geschäftsführerin (mit Hans Henry Frydan), Verlegerin

Aufführungen (Auswahl)

1919 Metropol-Theater Wien: Ein Märchentraum (UA)
1919 Camilla Frydan (dir) - Rolandbühne Wien: Baron Menelaus (UA)
1925 Daisy Holms (schsp), E. J. Uiberacker (schsp), Gerda Maurus (schsp), Kurt von Lessen (schsp) - Modernes Theater Wien: Die große Trommel (UA)
1925 Wien: Das Radiobett (UA)
1926 Camilla Frydan (dir) - Neue Wiener Bühne: Liebesmagazin (UA)
1933 Oper Graz: Madame Napoleon (UA)
1934 Wien: Kommt nach Österreich (UA)
1935 Westen-Theater Berlin (Deutschland): Nachtausgabe (UA), Koche mit G'spuss (UA)
1937 London (Großbritannien): Herkules (UA)

Pressestimmen (Auswahl)

2023
"Dass Frydans Biografie ihren Blick auf die Dinge der Welt geprägt hat, ist unumstritten. Ist doch die gesamte Kunstbranche von Männern bestimmt. Die Musik und das Theater sind dort keine Ausnahmen. Frydan als Soubrette hat dort Platz, denn dieser Bereich benötigt die feine Zartheit der weiblichen Stimme und ein tieferliegendes Verstehen der Commedia dell’arte, welches eine gewisse Sensibilität erfordert. Frydan als Pianistin hat es da schon ein wenig schwerer, denn klavierspielende Hände gibt es viele, doch nur wenige Konzertflügel, an denen zarte Frauenfinger anstatt großer Männerpranken spielen dürfen. Frydan als Komponistin aber musste sich von klein auf ihren Platz in dieser Disziplin erkämpfen und immer wieder darin behaupten. Sie schafft es durch ihr Talent, ihren Biss aber auch ihre chamäleoneske Anpassungsfähigkeit, die neben all den anderen artistischen Titeln ihr auch den der Überlebenskünstlerin verleiht."
Theatermuseum Wien: Walk of Fame - Camilla Frydan: Vom Wunderkind zur Komponistin (Eva Leitner / Johanna Suppin / Isabelle Wirth, 2023), abgerufen am 13.11.2024 [https://walkoffame.theatermuseum.at/camilla-frydan/]

10. Oktober 1919
"Der sensationelle Mittelpunkt des Oktoberprogrammes ist die Operette "Baron Menelaus" mit der entzückenden Musik von Camilla Frydan. Diese junge Komponistin hat sich in kurzer Zeit mit einigen populär gewordenen Liedern und dem im Metropoltheater erfolgreich aufgeführten Kinder-Musikspiel "Ein Märchentraum" einen guten Namen gemacht, der wohl von dem aparten Klang ihrer Weisen herrührt. Das neueste Werk der Frydan enthält wieder einige ebenso originelle wie einschmei­chelnde Gesangs- und Tanznummern verschiedensten Tempos, immer anders und immer neuartig und überraschend rhythmisiert, der Twostep "Mimi, du bist ein Prachtweib", der "Lieblings­walzer", die Schlagerpolka "Kannst du noch einmal tanzen" (eine Wiederholungsnummer, wie sie im Buch steht), und das süße Wiener Lied vom "Mond, Mäderl und ich" werden bald ein Gemeingut der Gasse und aller Orte werden, wo gesungen oder irgendein Instrument gespielt wird. Dabei wird dieser hochbegabte weibliche Orpheus trotz allen Schmisses und trotz faszinierendster Leichtigkeit nie banal, auch die Erfolgsnummern haben Niveau. Eine Musik, die taktvoll ins Ohr geht, die schaffende Tonkünstlerin, die keinen von den männlichen Rivalen zu fürchten hat, eine Wiener Erscheinung, diese Frydan, im glücklichsten Sinne des Wortes. Oskar Sachs, Mizzi Freihardt und Gustav Werner sorgten für fidele Darstellung. Direktor Richter-Roland ist zu seinem Zugstück zu gratulieren."
Kikeriki, 3. Quartal 1919/Nr. 41: Rolandbühne (Annie Berg-Ilger, 1919), S. 6, online abrufbar unter: ANNO Historische Zeitungen und Zeitschriften: https://anno.onb.ac.at/

Literatur

1977 Stieger, Franz. Frydan, Kamilla. In: Opernlexikon/Opera catalogue/Lexique des opéras/Dizionario operistico. Tutzing: Hans Schneider. Online abrufbar unter: https://rme.rilm.org/rme/stable/525517.
1987 Cohen, Aaron I.: FRYDAN, Kamilla. In: International encyclopedia of women composers. New York, NY [u.a.]: Books & Music, 2. Aufl. Online abrufbar unter: https://rme.rilm.org/rme/stable/525516.
2001 Marx, Eva: Frydan Camilla (Lilly) (geb. Herzl, verh. Friedmann, Pseud. Herzer, später Frydan. In: Marx, Eva / Haas, Gerlinde (Hg.): 210 österreichische Komponistinnen vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Wien/Salzburg: Residenz Verlag, S. 156–160.
2003 Österreichische Komponistinnen gestern und heute - Eine Ansichtssache quer durch die Jahrhunderte. In: Der Standard (17.02.2003), abgerufen am 13.11.2024 [https://www.derstandard.at/story/1213814/oesterreichische-komponistinnen-gestern-und-heute].
2010 Sulzgruber, Werner: Das jüdische Wiener Neustadt. Geschichte und Zeugnisse jüdischen Lebens vom 13. bis ins 20. Jahrhundert. Wien: Mandelbaum, S. 89–91.
2015 Camilla Frydan. In: Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres – Kulturpolitische Sektion (Hg.): KALLIOPE Austria - Frauen in Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft, S. 164, abgerufen am 13.11.2024 [https://www.bmeia.gv.at/fileadmin/user_upload/Zentrale/Kultur/Publikationen/KALLIOPE_Austria-Frauen_in_Gesellschaft__Kultur_und_Wissenschaft.pdf].
2022 Schwab, Andrea: Jüdische Komponistinnen – Zwischen Erfolg und Verfolgung, Exil und Heimkehr. Wien: Hollitzer Verlag.
2024 In der NS-Zeit geknickte Karrieren. In: DrehPunkt Kultur (08.11.2024), abgerufen am 13.11.2024 [https://www.drehpunktkultur.at/index.php/musik/meldungen-kritiken/18186-in-der-ns-zeit-geknickte-karrieren].

Eigene Publikationen (Auswahl)
1930 Friedmann, Oskar (Hg.): Prominenten-Almanach. Band 1. Wien/Leipzig: Verlag des Prominenten-Almanachs.

Quellen/Links

biografiA: Frydan Camilla (Lilly)
Wien Geschichte Wiki: Camilla Frydan
AustriaWiki: Camilla Frydan
Oesterreichisches Musiklexikon online: Frydan, Camilla (eig. Herzl, verh. Friedmann; Pseud. Herzer)
Wikipedia: Camilla Frydan
Wikipedia: Camilla Frydan (englisch)
Componissima - Frau und Musik: Camilla Frydan
Klassika: Camilla Frydan (1887–1949)
Theatermuseum - Eva Leitner, Johanna Suppin und Isabelle Wirth: Camilla Frydan

Empfohlene Zitierweise
mica (Aktualisierungsdatum: 26. 11. 2024): Biografie Camilla Frydan. In: Musikdatenbank von mica – music austria. Online abrufbar unter: https://db.musicaustria.at/node/210583 (Abrufdatum: 30. 12. 2024).

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